Wille und Wahrheitsanspruch

Eine objektivistische AuĂźenwelt gibt es sowenig wie eine objektivistische Innenwelt des Bewusstseins. Die Analytische Philosophie, soweit ich sie spärlich kenne, schwafelt hier etwas von „mentalen“ Zuständen, von „Selbstrepräsentation“, von  „Information“ im Bewusstsein……   Nur innerhalb der Präsenz des Geistes sind äuĂźere Anschauungen und innere Anschauungen (Einschauungen) möglich denkbar.

Die Relation auf Wahrheit ist wesentlicher Bezug jeder Aussage und Affirmation, Urprinzip der Philosophie. Darin enthalten liegt aber nicht nur das Element der formalen Freiheit, sondern das Sichrechtfertigen und Sichbewähren der Wahrheit fordert mit praktischer Notwendigkeit. Im Sein ist eine Wertwirklichkeit an einen formal freien Willen gerichtet.

Die Wertwirklichkeit und schließlich das absolut Gute ist ein selbstständiges Prinzip der Vernunft, das aller Spontaneität zugrunde liegt. Dies wird bei Fichte  in der GWL 1794/95 ausdrücklich ab § 5 abgeleitet und in der Wlnm (1796-1799) von Anfang an in Anschlag gebracht. Erst durch die Verbindung von faktischem Sein (§ 4 GWL) und wertintentionalem Sein (§ 5 GWL), wozu wesentlich die Interpersonalität und eine göttliche Aufforderung gehören, kommt es zur Konstitution von dem, was wir als Wirklichkeit erleben. Das sinnliche und intelligible Sein wird  in der WLnm  von Fichte deutlich nach wertsetzenden, intentionalen Kriterien aufgebaut. (Siehe Blogs von mir zur WLnm). Fichte erreicht schließlich über den Zweckbegriff den durch sich selbst bestimmten, reinen Willen. Ohne Wille ist eine Konstitution von Hemmung und überhaupt eine Konstitution von Vernunft nicht möglich. Im engeren Sinn kann man beim Willen unterscheiden zwischen Willen in seiner Spontaneität, formaler Wille, und Wille, der zu sich selber Stellung bezieht, materialer Wille.

Wenn wir jetzt im Urteil nicht nur irgendeine begriffliche Synthesis haben, sondern Beanspruchung von Wahrheit, so sagen wir implizit eine willentliche Bejahung aus. Das ausgesagte Sein soll so sein. Das ist keine sachliche Aussage, sondern eine Wert-Stellungnahme. Das praktische Urteil impliziert immer eine bejahende oder verneinende Willens-Stellungnahme. Anders gesagt: Das theoretische Urteil trägt in sich eine Willensausrichtung.

Ein bloßes Urteil, allein dadurch, dass sie Wahrheit beansprucht, muss aber damit noch nicht wahr sein. Es kommt dazu, dass sich das Urteil aus der Wahrheit bewähren muss. Denn sonst müssten alle Urteile, die mit dem Wahrheitsanspruch auftreten, auch wahr sein. Will ich die Wahrheit, dann sage ich sie. Will ich sie nicht, dann sage ich sie nicht. Hier bewährt sich das Urteil durch eine spezifische Funktion im Willen. Der Wille selber muß sich als gerechtfertigt ausweisen.

© Franz Strasser, 25. 8. 2008

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Autor: Franz Strasser

Dr. Franz Strasser