Transzendentalkritische Lektüre – Ignatius von Antiochen oder die kirchliche Hierarchie, 1. Teil

Warum können oder dürfen Frauen in der röm.-kath. Kirche nicht zu Bischöfinnen/Priesterinnen/Diakoninnen bestellt und geweiht werden, wie eine Bewegung von heute sagt, „Maria, 2.0“?

1) Ich habe die Argumente der Skepsis und der Ablehnung der „Priesterweihe von Frauen“ teilweise gelesen. (Siehe ANHANG).

Es sind tiefe, mystagogische Hinführungen zum Priesteramt, zur Person des Heilsvermittlers Jesus Christus, Verweise auf die Hl. Schrift, Verweise auf die lange Rezeptionsgeschichte u. a. m. Ich würde diese Stimmen als „dogmatischen“ Weg zusammenfassen, „dogmatisch“ nicht im Sinne der Theologie, sondern der Erkenntniskritik: 1 Das Wesen eines Sache wird metaphysisch, also begrifflich vorgegeben, vorausgesetzt, so wie wir gemeinhin die Empirie voraussetzen oder die Zahlen in der Mathematik,  aber ohne dessen Erkennbarkeit und Vorstellbarkeit und Herkunft zu prüfen.

Wie verhält es sich  mit den Begriffen „Bischof“, „Presbyter“, „Diakon“? Sind sie metaphysischer Natur, d. h. der Sinngehalt (und das Geschlecht?) ist mit dem Begriff schon gegeben, ohne aber Rechenschaft abzulegen, wie sie zu diesem Sinngehalt gekommen sind und was ihr Sinngehalt eigentlich wirklich ist? Wären sie umgekehrt rein historischer Natur, zufällig entstanden,  so wären sie auch wandelbar und veränderbar. Die Exegeten und Historiker sagen uns, dass es selbst im 2. Jhd. n. Chr. noch  viele unterschiedliche Typen und „Ämter“ in der Gemeindeleitung gab. Also sind diese Ämter nur eine Anschauungsform, ein Inbegriff möglicher Ämter in der Kirche, aber nicht selbst wesentliche Begriffe, also ohne wertqualitative Idee dahinter?  Diese Diskussion würde ich als  „emanzipatorische“ Ansicht zusammenfassen, d. h. es kommt nur auf die äußere Umkehrung der Geschichte an (wie man „emanzipatorischen“ Ideen im 18./19. Jhd. entwickelte, aber ohne geschichtsphilosophische Geltungsbegründung.)  

Seltsam nur, dass sich diese Ämterhierarchie – in den Pastoralbriefen ansatzweise schon zu finden – deutlich in den Ignatius-Briefen durchgesetzt hat!?  Um diese (hierarchischen) Ämter ging es aber dann in der Geschichte, es kam tlw. zu emanzipatorischen Veränderungen siehe z. B. in der reformatorischen Kirche, wo Frauen inzwischen gleichberechtigt zu den kirchlichen Ämtern zugelassen sind, aber umgekehrt wird am orthodoxe und dogmatischen Weg ebenso festgehalten, weil man fürchtet, der Begriff in seinem Wesen als Sakrament/Repräsentation/als Relation zur positiven Offenbarung  und zur apostolischen Tradition, gehe verloren und mit ihm das Denken einer sakramentalen Weltsicht und Weltordnung. (Abgesehen davon, dass fragliche Geschlechtertrennungen in anderen Religionen und gesellschaftlichen Bereichen noch viel stärker ausgeprägt sind als in christlichen Kirchen. Man denke an den Islam oder an manche Kreise im Judentum.)  

2) Umgekehrt aber ebenfalls gefragt und skeptisiert: Rein aus Egalitätsgründen und „emanzipatorischen“ und pseudo-revolutionären Gründen etwas abzuschaffen,  muss noch nichts Gutes bringen.2 

3) Meine These: Es gibt eine Reflexionsform einer positiven Offenbarungsreligion, die notwendig die Repräsentation und Installation von kirchlichen Ämtern verlangt, sofern notwendig mit einer Erkenntnis  deren Realisierung und Anwendung verbunden ist.

Werte sind prinzipielle  geistige Setzungen, die aber nicht außerhalb des Bewusstseins existieren. Sie sind selbst ein Wille und gerichtet an ein freies Wollen. Der höchste Wert der christlichen Religion ist die erlösende, vergebende Liebe JESU CHRISTI, ist Selbstwert, an den freien Willen der Aufnahme und des Glaubens gerichtet, ergreifende Evidenz, vollkommene Erfüllung des Willens, ist genetische Erkenntnis, über theoretisches Wissen hinausgehend, praktisches Wissen und Wollen, unmittelbar wahr und gut. Diese Vergebung und Erlösung als absoluter Wert bezieht sich auf die Freiheit des Vernunftwesens – die Wahlfreiheit ist dadurch ermöglicht – sodass es diese absolute, pertinente Sinnidee auf die Realität beziehen kann. Die Realität wird zur aufgegebenen Wirklichkeit in einem Verhältnis der Applikation des sittlichen Wertes auf die im Bewusstsein anzutreffende Realität. Der Hl. Ignatius/der anonyme Autor – sie waren sich ihrer Verantwortung der Beziehung des sittlichen Wertes auf ihre geschichtliche und weltliche Situation sehr bewusst. Sie handelten nicht nach einem egoistischen Bedürfnis oder aus einem verkappten Patriarchalismus heraus – das ist wohl eindeutig den Texten zu entnehmen!
Die Applikation des sittlichen Wertes und der  ungeschichtlichen Wahrheit (der Erlösung, der Vergebung) auf die geschichtliche Wirklichkeit, das führt aber ipso facto zu einer Relativität der Ausführung.  Der sittliche Wille erscheint in der Faktizität immer in einer gewissen Gebrochenheit und Verletzlichkeit und Bedürftigkeit verglichen mit dem sich selbst legitimiernden Wert der  Hoheit und Herrlichkeit der apriorischen Vernunftoffenbarung und positiven Offenbarung. Ich könnte sogar sagen: Selbst wenn z. B. jetzt kirchliche Weiheämter für Frauen möglich wären, so bleibt die Applikation des sittlichen Wertes genauso relativ (wie jetzt unter männlicher Form). 

4) Ich möchte eine gewisse begriffliche Systematisierung einbringen, was gilt vom absoluten Geltungsgrund her, was ist die Geltungsform dafür, also, alles, was ist transzendental-konstitutiv notwendig, und was ist aus dem Vermögen der Wahl und der pragmatischen Hierarchisierung der Werte der Applikation nur transzendental-regulativ gültig, zwar auch geboten in sittlicher Qualität, aber stets relativ in der Ausführung.  

Im Mittelpunkt des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe, trotz physischer und psychischer Verfolgung, trotz geistiger Angriffen seitens der Gnosis und anderer Irrlehren, sogar des jüdischen Glaubens,  trotz römischem Ständestaat und römisch-kaiserlicher Unterdrückung, trotz herrschendem Patriarchat,  dürfte eine stark erlebte Erlösungs- und Sinnidee diese christliche Gemeinde gestanden haben, dass sie zusammen mit ihrem Autor zur Notwendigkeit einer sakramentalen Ordnung mit damit verbundener Art „Sakramentenlehre“ übergegangen ist.

Das männliche Geschlecht war aber nur  hermeneutische Realisierungsidee,  nicht der transzendentale Geltungsgrund eines Sollseins von Wahrheit und Güte (Vergebung) aus der positiven Offenbarung selbst.
Anders gesagt: Das zustimmende Wollen und die freie intentionale Bejahung des absoluten Wertes, die daraus folgenden Initiierung von Handlungen, das kam aus der Geltungsform einer genetischen Erkenntnis und aus der Legitimation des absoluten Geltungsgrundes abgeleitet werden – die Applikation und Ausführung ist unableitbare, historische, vielleicht konsensuale?,  Entscheidung 

„Genetisch“ heißt:  Die Erkenntnis begründet sich selbst in einem absoluten Geltungsgrund – und in wesentlicher Einheit mit diesem Erkenntnisgrund werden die Fakten und Erscheinungen daraus abgeleitet. Der dazugehörende Wille zu diesem absoluten Geltungsgrund  manifestiert sich  dann – immer in Rückbezug zum Geltungsgrund –  im Wirken, Wollen und Handeln, d. h. in diesem Falle, in einer sakramentalen Heils- und Sinnordnung. 

Warum sich nicht andere Gemeindemodelle durchgesetzt haben, wie es deren viele gegeben haben mag, wie uns die Exegeten und Althistoriker beteuern, hilft uns im letzten in der Entscheidbarkeit der Sache nicht weiter: Faktisch und historisch hat sich diese männliche Ämterhierarchie  eingebürgert, das  ist unableitbar, aber die sakramentale Sinndeutung dahinter, warum es überhaupt zu einem sakramentalen Amt gekommen ist, ist diskutierbar und einsehbar als überzeitliche Geltungsform und Geltungsgrund. 

Das gemeindliche, solidarische Zusammenleben, der beginnende Kult und die Sakramente, die äußerlich kirchliche Hierarchie,3 die soziale Gleichstellung der Menschen, die alle Völker und Kulturen verbindende Einheit u. a. m., sie  sind m. E. analytisch aus dieser „genetischen Erkenntnis“ zu erklären. In der transzendentalen Sprache Fichtes ausgedrückt: Das übergeordnete Soll der Offenbarung Gottes erzeugte analytisch die Wesensstrukturen der Freiheit, diese Offenbarung in sakramentale Zeichen zu realisieren und generell in verzeitlichende Formen umzusetzen. 

Ich konstruiere zwei mögliche Alternativen für damals wie  heute: 
Der Heilige oder der anonyme Autor oder die Christen der damaligen Zeit waren vor die Entscheidung gestellt, a) entweder durch abstrakten Rückschluss auf einen absoluten Werthorizont und auf eine historische Offenbarung eine Art regulative Idee einer zweckmäßigen Herrschaft und Administration zu etablieren, um in der Gesellschaft bestehen zu können, sozusagen eine Art politische und kluge  Zweckordnung zu kreieren, damit das Erbe nicht verloren gehe, oder b) der Heilige/der anonyme Autor/die Christen gingen sowohl von einer transzendental-konstitutiven als auch einer  transzendental-regulativen Idee aus, die ergreifend und pertinent im Geschichtsverlauf geltend und sichtbar gemacht werden konnte – sprich in einer  Vergesellschaftung und Form einer sakramentalen Kirche mit sakramentalen Erfüllungsoptionen. Diese über die sittliche Zweckordnung hinausgehende Begründungsform ist wieder diese „genetische“ Erkenntnisform, die die Christen damals beseelt hat. 

Im Gegensatz zur Gnosis und ihrer Denkart gewährte die geschenkte Erlösung, die Vergebung, die Gnade der positiven Offenbarung JESU CHRISTI, eine dauernde, über Zeit und Vergänglichkeit hinausgehende Sinnidee – die natürlich in Wahrheit, nach bestem Wissen und Gewissen, im Sagen und Tun, appliziert werden musste: eben in einer sakramentalen Umsetzung und Inkarnation der ewigen Sinnidee. 
Anders gesagt: Die genetische Erkenntnis der Gnade verlangt die   Realisierung dieser Gnade, verlangte Kult und Erinnerung,  „succesio“ und „ordo traditionis“ mit IRENÄUS v. Lyon gesprochen, neues Zusammenleben, geistliche Durchdringung des Alltags und des ganzen Lebens, eine kirchliche Lebensform – und deshalb auch Weihe-Ämter.4

Nicht zwecks Machtbehauptung und patriarchaler Vorherrschaft wurde das geweihte Amt wieder  neu erfunden, sondern die transzendental-konstitutive Sinnidee der geschenkten Vergebung und Erlösung drängte von sich her notwendig zu einer Realisierung in kirchlicher und zeichenhafter Weise. Eine bloß gnostische Weitergabe einer Lehre genügte bei weitem nicht, die Idee wollte pertinent in lebendiger Erinnerung  ergriffen sein, geschichtlich, in sukzessiver Folge, interpersonal, diakonal, kultisch, medial, figürlich, sakramental,  theoretisch und praktisch.5

Anders gesagt für heute: Die Anwendung dieser gesamten, christlichen Sinnidee, die genetisch von der Person JESU CHRISTI, sowie aus der ganzen Hl. Schrift (inklusiv Erstes Testament) abgeleitet werden kann, verlangt praktisch-logisch eine zeitliche und räumlich-figurative, eine moralische und  juridische, eine mediale und sakramentale, kirchliche Verfassung.  Das hatten die Gnostiker, Skeptiker, Philosophen verschiedenster Richtungen nicht: diesen absoluten Rückbezug in der Erinnerung und die Fortführung in der Gegenwart durch vielfältige mediale  und kultische Mitteln – und generell die ganze  ekklesiologische Vermittlung und eschatologische Zielbestimmung eines erfüllten Lebens. 

Die Idee der genetischen Erkenntnis, jetzt auf die zeitlichen und räumlichen Umstände bezogen, führte zu notwendigen Konkretisierungen – mit der schon erwähnten  einhergehender Kontingenz und Gebrochenheit und Bedürftigkeit.  Die „Bischöfe“, „Priester“, „Diakone“ waren schon bekannt – es gab auch Diakoninnen – und gerade diese Ämter wurden, für sich gesehen,  neu gedacht und  modifiziert. 6

Was hätte sich damals noch als Erklärung (der Einführung) kirchlicher Ämter angeboten? Systemtheoretische oder psychologische Erklärungen, krankhaft-patriarchalische, psychoanalytische oder diskurstheoretische Herrschaftsansprüche? Religionswissenschaftliche Erinnerungen, dass es es überall „Priester“ gab.  Diese historischen Erklärungen würden am unmittelbaren Sinn der Texte aber vorbeigehen. Nicht-genetische Erklärungsarten von Erkenntnis sind allesamt unstimmig und führen zu keinem Ergebnis, ja verfälschen die ursprüngliche Absicht. 

5) M. E. kann dieser Prozess der ersten rudimentären Strukturen und Ämter in der Gemeinschaft der Christen nur mit Begriffen einer platonischen Erkenntnistheorie zureichend erklärt werden, d. h.  wie aus einem zureichenden Grund eine Folge abzuleiten ist. Die Form der damaligen Fragestellungen, die Hypothesen, die Zusatzannahmen, die hermeneutischen Zusatzbedingungen, der manifesten Geltungsansprüche, sie können in ein genetisches Schema verwandelt werden – um  eine halbwegs hinreichende und zureichende Bedingung zu erreichen, warum eine sakramentale Ämterhierarchie notwendig geworden ist – und wegen der Zeitumstände eine regulativ-männliche. 
Dass es eine kirchliche und sakramentale Vermittlung brauchte, d. h. eine Vermittlung der positiven Offenbarung, das war konstitutiv, warum sollten aber jetzt, im 2. Jhd. n. Chr., allen politischen und  sozialen und gesellschaftlichen und kulturellen Gepflogenheiten zum Trotz, ausgerechnet Frauen für das Bischofs-, Priester- und Diakonenamt vorgesehen werden? Die Freiheit, die der christliche Glaube brachte, für Freie wie Sklaven, Männer wie Frauen, römische Staatsbürger wie Fremde – das war schon über alles hoch! Jetzt noch  weibliche Weihe-Ämter zu installieren  –  das hätte an der ganzen Gegnerschaft der männlichen und generell andersartigen Welt vorbeigezielt

Diakoninnen finden wir, ebenso noch Prophetinnen, in den christlich-kanonischen Texten – jetzt noch Priesterinnen und Bischöfinnen zu schaffen, dazu fehlte wohl  der Anlass und  die Notwendigkeit, vielleicht der Mut. Die Verwechslung mit „heidnischen“ Religionen war wohl zu groß – und generell haben viele soziale, politische, gesellschaftliche Umstände und Gefahren dagegen gesprochen. 

M. a. W., der Fokus der Etablierung lag  deutlich  in der Etablierung einer kirchlichen Heils- und Sinnordnung, die universal wie individuell das Heil versprach, für Männer und Frauen gleich, für jung und alt, für alle Völker und Sprachen, kontinuierlich,  geschichtlich, durch die Zeit hindurch, für alle von allen zu jeder Zeit. Dass es in erster Linie um ein  patriarchales Herrschaftssystem und dessen Absicherung auf Jahrhunderte hinaus gehen sollte – das ist absurd gedacht – und bedient nur heutige patriarchale Ängste und Bedürfnisse.  

6) M. E. hat das II Vatikanum in der Kirchenkonstitution LG wieder eine Neu-Reflexion auf die genetische Erkenntnis eingeleitet, wenn es spricht vom „gemeinsamen“ Priestertum, d. h. dass alle zu einer Form der Partizipation am Priestertum CHRISTI berufen sind. Das Wesen dieses Priestertums kann verschieden administriert werden, also auch künftig von Frauen?, und ist dem Grade nach nicht!, dem Wesen nach schon,  differenziert zu anderen Gemeindemitgliedern und Gläubigen.
Das ist transzendental richtig gesagt: Das genetisch erkannte „Wesen“ des Priestertums ist verschieden, weil es gegenüber einer bloß säkularen Weltordnung ausdrücklich im Gegensatz steht – in Rekursion auf das  sakrale  Priestertum JESU CHRISTI und in Rekursion auf eine geforderte, genetische, sakramentale Heils- und Sinnordnung. („sakral“ kann nur das Priesteramt JESU CHRISTI genannt werden – siehe Hebräerbrief. „Sakramental“ sind die kirchlichen Ämter.)  

Wie hätte der Heilige um 110 n. Chr. oder der anonyme Autor um 160 – 175 n. Chr. (oder ein daraus sprechendes Kollektiv) plötzlich zu einer anderen Anschauung kommen sollen und sagen, die „Witwen“ oder „Jungfrauen“ sollten ebenfalls zu Priesterinnen geweiht werden? Und selbst wenn der Heilige so „fortschrittlich“ gewesen wäre, wie hätte er verstanden und akzeptiert werden wollen, hätte er Frauen tatsächlich als „Priesterinnen“ vorgesehen und auf deren Etablierung gedrängt, wenn rundherum die Welt anders aussah? Wäre die Etablierung der sakramentalen Sinn- und Erlösungsordnung nicht gänzlich an Nebensächlichkeiten gescheitert? 

Einen ausdrücklich patriarchalen Diskurs kann ich bei weitem nicht erkennen, eher im Gegenteil, es schwingen viele warmherzige, emotionale,  aus der Frauenwelt stammende Begriffe  mit. Ich finde auch keinen bloß betriebswirtschaftlichen Diskurs, wie ein Unternehmen zu führen sei, keinen Machtdiskurs, keinen elitären oder gnostischen Diskurs, im Gegenteil, eher ein mütterliches Besorgtsein um die christliche Familie und Gemeinschaft: dass alle Geschlechter, Männer wie Frauen, Sklaven wie Freie, Juden und Griechen, Römer und andere Völker, in katholischer Weise Anteil bekommen sollen an der göttlichen Vergebung und Rettung – gerade durch eine Art institutionelle und zeichenhaft-sakramentale Vermittlung. Das Sakramentale am Amt, das überliefert Heilige der positiven Offenbarung, das war konstitutiv, die männliche Figur dahinter war regulativ.  

(c) Franz Strasser, 21. 8. 2019

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ANHANG

Erklärungen von Kongregationen:

„Inter insigniores“ von Paul VI 1976  

Presbyterium ordinis von Papst Paul VI – 1965

Nachsynodales Schreiben  – Papst Joh. Paul II 1992 „Pastores dabo vobis“ Direktorium für den Klerus 2013 Pastores Dabo Vobis (25. März 1992) _ Johannes Paul II_

oder Vita Consecrata von Joh. Paul II v. 25.3. 1996 vita-consecrata

Kongregation für den Klerus: Der Priester, Lehrer des Wortes, Diener der Sakramente und Leiter der Gemeinde für das dritte christliche Jahrtausend, 19. 3. 1999der-priester-lehrer-des-wortes-diener-der-sakramente-und-leiter-der-gemeinde-fr-das-dritte-christliche-jahrtausend-19

Kongregation für den Klerus: Der Priester, Hirte und Leiter der Pfarrgemeinde, Instruktion, 4. 8. 2002 Kongregation für den Klerus, Der Priester, Hirte und LEiter der Pfarrgemeinde_157

Direktorium für den Klerus unter Papst Benedikt XVI, 2013 Direktorium für den Klerus 2013

Anbei jetzt noch eine Zusammenstellung von Dr.in M. Schlosser zur Ablehnung der Priesterweihe von Frauen

1) Vor 25 Jahren, am 22. Mai 1994, veröffentlichte Johannes Paul II. das Apostolische Schreiben „Ordinatio sacerdotalis“. Darin erklärte der Papst, dass die Kirche keinerlei Vollmacht habe, Frauen die Priesterweihe zu spenden. Dieses Schreiben schloss sich an die 1976 unter dem Titel „Inter Insigniores“ erschienene Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Frage der Zulassung der Frauen zum Priesteramt an.

2) 1995
(1)Antwort auf den Zweifel bezüglich der im Apostolischen Schreiben »Ordinatio sacerdotalis« vorgelegten Lehre, Kongregation für die Glaubenslehre, 28. Oktober 1995, http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_19951028_dubium-ordinatio-sac_ge.html;

(…) Antwort auf den Zweifel
bezüglich der im Apostolischen Schreiben
»Ordinatio sacerdotalis« vorgelegten Lehre

Zweifel: Ob die Lehre, die im Apostolischen Schreiben Ordinatio sacerdotalis als endgültig zu haltende vorgelegt worden ist, nach der die Kirche nicht die Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, als zum Glaubensgut gehörend zu betrachten ist.

Antwort: Ja.

Diese Lehre fordert eine endgültige Zustimmung, weil sie, auf dem geschriebenen Wort Gottes gegründet und in der Überlieferung der Kirche von Anfang an beständig bewahrt und angewandt, vom ordentlichen und universalen Lehramt unfehlbar vorgetragen worden ist (vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 25,2). Aus diesem Grund hat der Papst angesichts der gegenwärtigen Lage in Ausübung seines eigentlichen Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), die gleiche Lehre mit einer förmlichen Erklärung vorgelegt in ausdrücklicher Darlegung dessen, was immer, überall und von allen Gläubigen festzuhalten ist, insofern es zum Glaubensgut gehört.

Papst Johannes Paul II. hat in der dem unterzeichneten Kardinalpräfekten gewährten Audienz die vorliegende Antwort, die in der ordentlichen Versammlung dieser Kongregation beschlossen worden war, gebilligt und zu veröffentlichen angeordnet.

Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, den 28. Oktober 1995, am Fest der Hll. Apostel Simon und Judas.

3) 1995 – Erläuterungen

http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_19951028_commento-dubium-ordinatio-sac_ge.html

„(….)“ Was die Grundlage in der Heiligen Schrift und in der Tradition anbelangt, weist Johannes Paul II. darauf hin, daß Jesus nach dem Zeugnis des Neuen Testamentes nur Männer, und nicht Frauen, zum Weiheamt berief, und daß die Apostel “das gleiche taten, als sie Mitarbeiter wählten, die ihnen in ihrem Amt nachfolgen sollten” (Apost. Schreiben «Ordinatio sacerdotalis», Nr. 2; vgl. 1 Tim 3,lff., 2 Tim 1,6; Tit 1,5). Es gibt gültige Argumente dafür, daß die Vorgehensweise Christi nicht durch kulturelle Gründe bedingt war (vgl. Nr. 2), so wie auch hinreichende Gründe dafür vorhanden sind, daß die Tradition die vom Herrn getroffene Wahl als für die Kirche aller Zeiten bindend ausgelegt hat.

Hier stehen wir aber bereits vor der wesentlichen gegenseitigen Abhängigkeit von Heiliger Schrift und Tradition, einer Wechselbeziehung, die diese beiden Arten der Weitergabe des Evangeliums zu einer untrennbaren Einheit verbindet – zusammen mit dem Lehramt, das wesentlicher Bestandteil der Tradition und authentische Interpretationsinstanz des geschriebenen und überlieferten Wortes Gottes ist (vgl. Konst. «Dei Verbum», Nr. 9 und 10). Im spezifischen Fall der Priesterweihen haben die Nachfolger der Apostel stets die Norm befolgt, die Priesterweihe nur Männern zu spenden; und mit dem Beistand des Heiligen Geistes lehrt uns das Lehramt, daß dies nicht aus Zufall, nicht aus gewohnheitsmäßiger Wiederholung, nicht aus Abhängigkeit von den sozialen Bedingtheiten, und noch weniger aus einer angeblichen Unterlegenheit der Frau kommt, sondern weil “die Kirche stets als feststehende Norm die Vorgehensweise ihres Herrn bei der Erwählung der zwölf Männer anerkannt hat, die er als Grundsteine seiner Kirche gelegt hatte” (Apost. Schreiben «Ordinatio sacerdotalis», Nr. 2).

(…..) „Um zu verstehen, daß es sich hier nicht um eine Ungerechtigkeit oder Diskriminierung den Frauen gegenüber handelt, muß man zudem auch die Natur des priesterlichen Amtes betrachten, das ein Dienst ist und nicht eine Position menschlicher Macht oder eines Vorranges über andere. Wer, ob Mann oder Frau, das Priestertum als persönliche Bestätigung, als Ziel oder gar als Ausgangspunkt einer menschlichen Erfolgskarriere versteht, unterliegt einem grundlegenden Irrtum, denn die wahre Bedeutung des christlichen Priestertums – sowohl des gemeinsamen Priestertums der Gläubigen als auch in ganz besonderer Weise des Amtspriestertums – kann man nur in der Hingabe der eigenen Existenz in Vereinigung mit Christus zum Dienst am Nächsten finden. Das priesterliche Amt kann nicht das allgemeine Ideal und noch weniger das Ziel des christlichen Lebens sein. In diesem Sinn ist es nicht überflüssig, noch einmal zu wiederholen, daß “das einzige höhere Charisma, das sehnlichst erstrebt werden darf und soll, die Liebe ist (vgl. 1 Kor 12-13)” (Erklärung «Inter insigniores», VI).

4) 2018

Zu einigen Zweifeln über den definitiven Charakter der Lehre von Ordinatio sacerdotalis, 29. Mai 2018, Luis F. Ladaria, S.I., Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/ladaria-ferrer/documents/rc_con_cfaith_doc_20180529_caratteredefinitivo-ordinatiosacerdotalis_ge.html

„Bleibt in mir und ich bleibe in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so auch ihr, wenn ihr nicht in mir bleibt“ (Joh 15,4). Nur dank ihrer Verwurzelung in Jesus Christus, ihrem Gründer, kann die Kirche der ganzen Welt Leben und Heil bringen. Diese Verwurzelung erfolgt in erster Linie durch die Sakramente, deren Mitte die Eucharistie ist. Von Christus eingesetzt, sind die Sakramente Grundsäulen der Kirche, die sie fortwährend als seinen Leib und seine Braut auferbauen. Zutiefst mit der Eucharistie verbunden ist das Weihesakrament, durch das sich Christus der Kirche als Quelle ihres Lebens und Handelns gegenwärtig macht. Die Priester werden „Christus gleichförmig“ gemacht, „so dass sie in der Person des Hauptes Christus handeln können“ (Presbyterorum ordinis, Nr. 2).

Christus wollte dieses Sakrament den zwölf Aposteln verleihen, die alle Männer waren, und diese haben es ihrerseits anderen Männern übertragen. Die Kirche wusste sich immer an diese Entscheidung des Herrn gebunden, die es ausschließt, das Priestertum des Dienstes gültig Frauen zu übertragen. Johannes Paul II. lehrte in dem Apostolischen Schreiben Ordinatio sacerdotalis vom 22. Mai 1994: „Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“ (Nr. 4). Die Kongregation für die Glaubenslehre bekräftigte in Antwort auf eine Frage zur Lehre von Ordinatio sacerdotalis, dass es sich hier um eine Wahrheit handelt, die zum Glaubensgut (depositum fidei) der Kirche gehört.

5) 2019

(….) Siehe dazu https://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/Warum-die-Kirche-Frauen-nicht-zu-Priestern-weihen-kann;art312,198321

Marianne Schlosser, Unmöglichkeit des Weihamtes für Frauen – siehe Artikel in: https://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/aktuell/Marianne-Schlosser-erklaert-Unmoeglichkeit-der-Frauenweihe;art4874,201577

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1In der Vorrede zur 2. Auflage der KrV gibt KANT eine Beschreibung von „dogmatisch“: „Die Kritik ist nicht dem dogmatischen Verfahren der Vernunft in ihrem reinen Erkenntniß, als Wissenschaft, entgegen gesetzt (denn diese muß jederzeit dogmatisch, d.i. aus sicheren Principien a priori strenge beweisend, sein), sondern dem Dogmatism, d.i. der Anmaßung, mit einer reinen Erkenntniß aus Begriffen (der philosophischen) nach Principien, so wie sie die Vernunft längst im Gebrauch hat, ohne Erkundigung der Art und des Rechts, womit sie dazu gelangt ist, allein fortzukommen. Dogmatism ist also das dogmatische Verfahren der reinen Vernunft ohne vorangehende Kritik ihres eigenen Vermögens“.(KrV, ebd. B XXXV.

3Der Begriff der Hierarchie bezeichnet im etymologischen Sinne lediglich den heiligen Ursprung bzw. das heilige Prinzip (im Sinne des Anfangs) einer Ordnung. Dabei denke ich nicht gleich an eine institutionelle, unangreifbare Machteinrichtung, an Hierokratie. Der Heilige/der Autor beansprucht zwar märtyrerhafte und charismatische Autorität, ruft auch immer wieder zum Zusammenhalt und zum Gehorsam auf, aber nie beansprucht er für seine Person und seine Machtposition diese Hierarchie, sondern um der Gemeinschaft willen, um der neuen sakramentalen (=heiligen) Ordnung willen. Das Wort „Hierarchie“ löst bei uns vielleicht kirchengeschichtliche Aversionen aus.?

4Ich bin jetzt sehr versucht auf die spätere Sakramententheologie des Hl. Augustinus hinzuweisen, nur passt es historisch nicht ganz zusammen. Aber die platonischen Wurzeln bei Ignatius wie Augustinus scheinen mir dieselben zu sein. Zur Sakramententheologie des Hl. Augustinus siehe diverse Literatur; siehe z. B. „De Doctrina christiana“ II, I, 2f; oder AUGUSTINUS, Sermo 272 (PL 38: 1247): „Ideo dicuntur sacramenta, quia in eis aliud videtur, aliud in- telligitur. Q u o d videtur, speciem habet corporalem, quod intelligitur, fructum habet spiritualem.“ Übersetzung: Diese Dinge heißen deshalb Sakramente, weil an ihnen etwas gesehen, aber etwas anderes eingesehen wird. Was gesehen wird, hat eine körperliche Form, was eingesehen wird, hat geistliche Frucht.“

5Den Ausdruck „pertinent“ entnehme ich dem Buch „Ethik“ und dem Buch „Die Konstitution der Zeit im Bewusstsein von R. Lauth. „Werte sind Willensqualitäten; sie sind das Materiale des Willens selbst (…) Wille besagt, dass es um etwas geht. Ich fasse diesen Wesenscharakter des Willens im Terminus Pertinenz zusammen. (…) Pertinenz kann positiv oder negativ sein; wir können Wertsetzungen als bejaht oder verneinte, als geliebte oder gehasste (im formalen Sinne dieser Wörter), als anerkannte oder verworfene setzen“: In „Ethik in ihrer Grundlage aus Prinzipien entfaltet. Stuttgart, Berlin u. Köln 1969, S 25.

6 Die spätere Geschichte hat diese sakramentale Ordnung zusätzlich aufgebaut zu einer „potestas ordinis“ und einer „potestas jurisdictionis“. Übersetzt man das wörtlich, Vollmacht der Weihe und Vollmacht der Rechtssprechung, so merkt man das Anwachsen an systemtheoretischen Bedingungen. Diese Bedingungen sind aber wandelbar.

Das heißt jetzt nicht, dass eine einmal entstandene Erkenntnis für immer bleiben muss. „Da die Triebfeder der Geschichte die Freiheit ist, muß immer mit einem katastrophalen Rückschlag gerechnet werden. Nichts Erworbenes ist endgültig; jeder Fortschritt kann rückgängig gemacht werden; jede Aufforderung zur Freiheit enthält ein Risiko. Der Mensch ist es, der durch seinen Gebrauch der Freiheit die Geschichte nach dem Bild der Ziele gestaltet, die er sich auferlegt.(…)“ (Ives Radrizzani, Bemerkungen zu Fichtes Geschichtsphilosophie. In: Philosophie als Denkwerkzeug, Würzburg 1998, S. 99.) 

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Autor: Franz Strasser

Dr. Franz Strasser