Fichte, Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters, 1806, – 6. und 7. Vorlesung

Fichte, Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters, 1806, – 6. Vorlesung
SW VII, S 78ff

Es folgt ein kurzer Rückblick auf das in den vorhergehenden Vorlesungen beschriebene 3. Zeitalter. Es sei diese Epoche vom „Begriff“ geprägt, „unfähig einer Idee“ (ebd. S. 78).

1) Ein wissenschaftliches Zeitalter müsse zuerst, wie oben oft ausgeführt, die „Gattung“ der Menschheit im Blickpunkt haben.

Es kommt jetzt viel auf die allgemeine, gattungsmäßige Erziehung an, damit möglichst viele (alle) nach den Ideen gebildet und zum Selber-Denken und Selber- Begreifen finden.

Auch das dem dritten Zeitalter folgende vierte der wahren realen Wissenschaft wird streben, allen sich mitzutheilen; denn sollen die Vernunftgesetze durch sichere Kunst überall und in der ganzen Gattung ausgeführt werden, so muss jedes Individuum der Gattung wenigstens einen Grad der Erkenntniss dieser Gesetze besitzen, indem ein jeder durch eigene innere Kunst die äussere, welche auch an ihm mit arbeitet, zu unterstützen hat. Alle ohne Ausnahme müssen über kurz oder lang zur Vernunftwissenschaft kommen; darum müssen alle ohne Ausnahme erst von dem blinden Autoritätsglauben losgerissen werden. Dieses beabsichtiget nun das dritte Zeitalter, und es thut daran ganz recht.

Das eigene Begreifen, als solches, sagte ich, hat für das Zeitalter Werth, – und den höchsten. allen andern Werth erst bestimmenden Werth: auf ihm beruht die Würde und das Verdienst der Person.“ (ebd. S 80.81)

Nicht jede Meinung ist aber richtig und wichtig (vgl. ebd. S 82), oder nicht jede „Herumschwärmerei“ (vgl. ebd. S 83)

Ein Staat könnte autoritär die bunte Meinungsfreiheit einschränken, aber das würde das Gegenteil bewirken. (vgl. ebd. S 84).

Es kann nur Vernunftgründe des wahren Wissenschaft geben. (vgl. ebd.)

Es kann zu einem „Heerlager“ vermeintlicher Wissenschaft kommen (ebd. S 85), das sich dann „Gelehrten-Republik“ nennt – durch die „Kraft der Druckerpresse“ (ebd. S 86).

Diese „Literaturdieser Zeitepoche wird weiter beschrieben (vgl. ebd. S 87), die ihr folgenden „Rezensionen“ (vgl. ebd. S 87.88), schließlich folgt ein „Corp der Leser“ (vgl. ebd. S 89).
Das Lesen ist angenehm wie „Tabakrauchen“ (ebd. S 89).

Das führt aber zu nichts und wird sinnlos und endet in Passivität.

Und an diesem Puncte hat denn die Schriftstellerei und die Leserei ihr Ende erreicht; sie ist in sich selbst zergangen und aufgegangen, und hat durch ihren höchsten Effect ihren Effect vernichtet. An den beschriebenen reinen Leser ist auf dem Wege des Lesens durchaus kein Unterricht mehr, noch irgend ein deutlicher Begriff zu bringen, denn alles Gedruckte wiegt ihn alsbald ein in stille Ruhe und in süsse Vergessenheit seiner selber. (….) Wie vermöchte Er, der absoluten Passivität des Hingebens gewohnt, den Zusammenhang der ganzen Rede festzuhalten, welcher nur thätig ergriffen und festgehalten werden kann?“ (ebd. S 90)

Diese Überfülle führt geradezu zur „Ohnmacht“ (ebd. S 91), „das Zeitalter kann nicht mehr lesen, und darum ist alles Schreiben vergeblich.“ (ebd.)

2) Schließlich möchte Fichte mit etwas „gefälligerem“ schließen: Was Lesen heißen kann (ebd. S 91), was Schreiben und Autorenschaft bedeutet (vgl. ebd. S 92.93), den „Schriftsteller oft noch weit besser verstehen werde, als er sich selber verstand“ (ebd. S 93), schließlich, was ist eine abgeschlossene Hermeneutik (vgl. ebd. S. 94).

Es ist dann nochmals ein Unterschied zwischen dem Lesen eines nur Geschriebenen, wie Fichtes gegenwärtiges Zeitalter davon geprägt ist, und dem Lesen eines „Redekunstwerks“ (ebd. S 94)

Was zweitens das Lesen eines Redekunstwerks betrifft: so ist der eigentliche Zweck dieses Lesens der, dass man der Belebung, Erhöhung und Bildung des Geistes theilhaftig werde, welche das Werk zu gewähren vermag. Für diesen Zweck würde nun die ruhige Hingebung völlig zureichen: (…)“ (ebd. S 94.)

Kunst zu verstehen ist aber schwieriger und nicht jedermanns Sache. Kunst ist eine „organische Einheit“ (ebd. S 95) und deren Prinzip zu finden wäre ein „hoher Verdienst um die Menschheit “ (ebd. S 95).

Die wahre Kunst aufzufassen ist schwierig. Es wird demgegenüber, dem 3. Zeitalter entsprechend, die oberflächliche Kunst gesucht: „Sie werden bei Künstlern anderer Art weit besser ihre Rechnung finden, welche die Lieblingstendenzen, Paradoxien und Spielwerke des Zeitalters glücklich in Schutz nehmen, (…)“ (ebd. S 96)

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Fichte, Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters, 1806, – 7. Vorlesung

SW VII, S 96ff

Fichte geht auf zwei Einwände ein: Man könne apriorisch a) nicht ein so bestimmtes Zeitalter, wie das geschilderte dritte Zeitalter ableiten und b) generell kann ja nur gesagt und aufgezeigt werden, was gewesen und geworden ist, also was historisch sich ereignet hat, aber einen apriorisch-logischen Zusammenhang kann man nicht behaupten.

1) Fichte verteidigt jetzt sein apriorisches Denken, wie schon in den ersten Vorlesungen bekundet: Die gebührende Gerechtigkeit dass auch sie eine nothwendige Bildungsstufe der Menschheit ausmachten, und dass unsere Gattung eben auch da hindurch müsse, ist diesen Phänomenen keinesweges versagt worden. Auch ist die schon früher gemachte allgemeine Bemerkung, dass Bestandtheile gar verschiedener Zeitalter in einer und derselben Zeit bei einander seyn und einander durchkreuzen und sich vermischen können, nicht aus der Acht zu lassen; und zufolge dieser Bemerkung steht unsere Rechnung immer so: wir haben ja nicht den literarischen Zustand unserer Tage, als solchen, empirisch aufgefasst, sondern wir haben den des dritten Zeitalters philosophirend abgeleitet: das von uns dargelegte folgte, keinesweges aber sein Gegentheil; „ (ebd. S 97)

Es soll dem dritten Zeitalter nicht „alles Gute abgesprochen“ werden (ebd. S 97), aber die Analyse beruht auf dem ethisch-teleologischen Denken, dass alle Verhältnisse der Menschheit und des einzelnen nach der Vernunft durch Freiheit einzurichten seien, deshalb die Aufstellung einer durch Freiheit bedingten, aber notwendigen Folge des Geschichtsverlaufes – und deshalb sind wir erst bei der 3. Epoche angelangt.

Um das dritte Zeitalter besser begründen zu können, wird es „zweckmässiger seyn zu zeigen, wie der wissenschaftliche Zustand seyn solle.“ (ebd. S 97)

Was war früher nicht so wie heute? Alles sei eben zufällig geworden? Siehe die Einwände oben.

2) Es waren da die Griechen, die Römer, bei denen aber viel weniger geschrieben als geredet wurde – im Unterschied zum 3. Zeitalter der Vielschreiberei.

Ein besonderes Interesse, das Volks wissenschaftlich zu bilden, gab es nicht.“ (ebd. S 98)

Das sollte sich schlagartig, unableitbar, ändern durch das Christentum: „Das Christenthum trat in die Welt, und es entstand ein ganz neues Interesse für allgemeine Bildung – um der Religion willen, zu der alle berufen waren.“ (ebd. S 98)

Fichte verbindet hier m. E. sehr gut die apriorische Kenntnis mit der aposteriorischen Faktenkenntnis. Die Fakten als solche können nicht abgeleitet werden, sie bedingen und bestätigen aber die Kenntnis des zuvor formulierten, teleologischen Wissens.1

Die historischen Fakten bedingen in gewissem Sinne das Denken von Zeitlichkeit und Geschichtlichkeit.

(In späteren Schriften wie AsL, REDEN, BdG-1811, Staatslehre-1813 wird Fichte wiederholt dieses Verhältnis ansprechen: Es gibt eine schöpferische Wirklichkeit heller Geister oder eines ganzes Volk, wodurch die apriorischen Ideen in die Sinnlichkeit (gemäß dem Weltplane) eingeführt werden können.
Beim
Christentum konkret ist es die alle anderen Personen überragende Person JESU CHRISTI, die das Wesen Gottes offenbart.
So kommt es zu einer wesentlichen Entwicklung und zu einem Werden und einer Unterscheidung zwischen „alter“ und „neuer“ Welt.)

Die teleologische Wahrheit der Verwirklichung von Freiheit, Gleichheit aller Vernunftwesen, Rechtsverhältnisse, sittlichen Verhältnisse, politische Selbstständigkeit und vernünftiger Glaube, das ist ewig gleich – und ist zugleich zeitlich bedingt durch das aposteriorische Faktum und Auftreten des Christentums.

3) Es folgt dann eine sehr eigenwillige Auslegung des Neuen Testamentes, insbesondere konstruiert Fichte einen Gegensatz zwischen dem Johannes-Evangelium und Paulus. (Hier liegt Fichte sicherlich falsch – vgl. ebd. S 98-101).

Es kam geschichtlich zuletzt die Reformation (vgl. ebd. S 101 – 102), die aber ebenso inkonsequent blieb, indem sie das geschriebene Wort der Schrift bevorzugte, das es aber wiederum nur mündlich und durch Kanonisierung durch Konzilien legitimieren konnte, d. h. also durch ein gleiches Prinzip der geschichtlichen Tradition wie die katholische Kirche.

Und so war denn, zum allererstenmale in der Welt, ganz förmlich ein geschriebenes Buch als höchster Entscheidungsgrund aller Wahrheit und als der einzige Lehrer des Weges zur Seligkeit aufgestellt. (ebd. S 102)

Die (mündliche) Tradition und die kirchliche Sanktionierung (kirchliche Tradition) als hermeneutische Kriterien abzuleugnen ging nicht, also wandte die Reformation sich an das „Volk“ (ebd. S 102), dass es die Schrift lesen sollte:

Das Ergebnis war aber eine Verdrehung von Zweck und Mittel: Aus dem Lesen-Können der Hl. Schrift wurde selbst ein Zweck – und der apriorische Zweck hinter dem Lesen der Hl. Schrift (als Mittel) ging verloren, d. h. die Bildung der Gattung (und Individuen), alle Verhältnisse durch Freiheit und nach der Vernunft einzurichten: „Lediglich durch diese vom Protestantismus angeregte Sorge für das Christenthum, auf dem Wege der Bibel, hat der Buchstabe den hohen und allgemeinen Werth erhalten, den er seitdem  hat; er wurde das fast unentbehrliche Mittel zur Seligkeit, und ohne lesen zu können konnte man nicht länger füglich ein Christ seyn, noch in einem christlich-protestantischen Staate geduldet werden. Daher nun die herrschenden Begriffe über Volkserziehung, daher die Allgemeinheit des Lesens und Schreibens. Dass späterhin der eigentliche Zweck, das Christenthum, vergessen, und das, was erst nur Mittel war, selbst Zweck wurde, darf uns nicht wundern: es ist dies das allgemeine Schicksal aller menschlichen Einrichtungen, nachdem sie einige Zeit gedauert haben.“ (ebd. S. 103)

Es kam noch schlimmer: Der Protestantismus wurde selbst zum „Gnosticismus“ (ebd. S 103) des empirischen Verstehens der Hl. Schrift, worauf es allein anzukommen schien. Das Gottesbild eines willkürlich herrschenden Autokraten wurde aber nicht geändert. „(…) als Protestantismus zwar sich haltend an die Bibel, als Gnosticismus aber das Princip aufstellend, dass die Bibel vernünftig erklärt werden müsse: – dies hiess nemlich, so vernünftig, als diese Gnostiker selbst es waren: sie aber waren gerade so vernünftig, als das allerschlechteste philosophische System, das Lockische. Sie brachten nichts weiter zu Tage, denn die Bestreitung einiger Paulinischen Ideen von stellvertretender Genugthuung, seligmachendem Glauben an diese Genugthuung, u. dergl.; ruhig stehen lassend den Hauptirrthum von einem willkürlich handelnden, Verträge machenden und dieselben nach Zeit und Umständen abändernden Gottes.“ (ebd. S 103).

4) Fichte beschließt dann diesen religiösen Teil der Geschichtsanalyse, was ihm aber äußerst wichtig war, zumal a) die Religion ja den höchsten Wert darstellt und b) der hohe Wert des Buchstabens weder unter-, noch überbewertet werden darf.

Ich habe hierbei Dinge berühren müssen, welche für viele grossen Werth haben, da sie mit dem, was absoluten Werth hat, mit der Religion, zusammenhängen; ich habe von Katholicismus und Protestantismus also gesprochen, dass man sehen konnte, dass ich in der Hauptsache beiden unrecht gebe; und ich möchte diese Materie nicht gern verlassen, ohne meine wahre Meinung deutlich wenigstens ausgesprochen zu haben.

Meiner Ansicht nach stehen beide Parteien auf einem an sich völlig unhaltbaren Grunde, (…)“ (ebd. S 104)

Fichte kommt wiederum zu einer grundsätzlichen Deutung des Christentums, grenzt sich von Paulus ab, verweist auf das Evangelium nach Johannes, verweist auf sein eigenes Theologiestudium, kennt hier die „Waffen“ der Theologen nur zu gut, will aber lieber, dass sie „Volkslehrer“ heißen als bloße Theologen (ebd. S 105), die sich auf „historische“ und „Sprachgelehrsamkeit“ berufen (ebd.).

Ziel und Zweck ist die „vollendete Vernunftkunst“ (ebd.), dass jetzt „wenige ihr Leben der Wissenschaft“ weihen, wobei die Scheidung zwischen den Wissenschaftern und anderen („Unkundigen“) noch lange fortdauern wird. (vgl. ebd. S 105).

Das Ziel ist für alle gleich: Zum Realen der Wissenschaft, der wirklich bestimmenden Vernunft, haben beide sich zu erheben, und der Formalismus des blossen vernunftleeren Begriffes muss ganz hinwegfallen. Das Volk insbesondere wird erhoben zum realen d.h. reinen Christenthume, wie es oben beschrieben worden, als dem einzigen Mittel, durch welches fürs erste sich Ideen an dasselbe dürften bringen lassen. Hierin also kommen beide Wissenschaftskundige und Unkundige, überein. Geschieden sind sie durch folgendes: der Wissenschaftskundige findet die Vernunft und alle ihre Bestimmungen in einem Systeme des zusammenhängenden Denkens; ihm entwickelt sich, wie wir zu einer anderen Zeit uns ausdrückten, das Universum der Vernunft rein aus dem Gedanken, als solchem. Das also Gefundene theilt er nun den Unkundigen mit, keinesweges begleitet von dem strengen Beweise aus dem Systeme des Denkens,  – wodurch die Mittheilung selber gelehrt und schulgerecht wurde, – sondern er bewährt es unmittelbar an ihrem eigenen Wahrheitssinne: (…)“ (ebd. S 105.106)

Stilistisch macht Fichte hier aufmerksam, dass seine Rhetorik hier nicht predigerhaft sein will, weil er sich ja auf der Universität befinde.

(…) nur hätte ich es sodann in der Bibelsprache thun müssen; z.B. das, was ich hier nannte: sein Leben an die Idee setzen, sodann nennen müssen: die Hingebung an den Willen Gottes in uns, oder: das Getriebenseyn durch den Willen Gottes, u. dergl. – Diese populäre Mittheilung des Gelehrten an den Ungelehrten kann nun mündlich geschehen, (…)“. 2

Die Philosophie verspricht unter allen Wissenschaften einen besonderen Sinn und eigenen Lohn: Alle Wissenschaft, die da rein a priori ist, kann vollendet und die Untersuchung derselben abgeschlossen werden; und es wird, sobald nur die Gelehrtenrepublik systematisch fortarbeitet, endlich zu diesem Abschlusse kommen. Unendlich ist nur die Empirie: sowohl die des Stehenden, der Natur, in der Physik, als die des Fliessenden, der Zeiterscheinungen des Menschengeschlechts, in der Geschichte. (…)“ (ebd. S. 107)

Die philosophisch-apriorische Geschichtswissenschaft (=Geschichtsphilosophie) wird in ihrem Vorgehen dabei a) die Mythe befragen und b) in der Folge historischer Ereignisse und Daten eine „Regel“ herausfinden: “ (…)und so tritt selbst in diesem unendlichen Gebiete das sichere Fortschreiten nach einer Regel an die Stelle des Herumtappens auf gutes Glück.“ (ebd. S 107. 108)

Anders gesagt: Geschichtsphilosophie sucht – wie jedes Vorgehen in einer wissenschaftlichen Erklärung – nach einem apriorischen Gesetz und einen Abgleich zwischen Vernunft und historischen Tatsachen und Fakten (vgl. ebd. S 108.109).

5) Was für den Abgleich in der Geschichtsphilosophie gilt, gilt ebenso für den Abgleich des apriorisch, philosophischen Wissens mit der Kunst, wobei sich Fichte beschränken will auf die Redekunst: „(…) Der Maassstab des Werthes ist die Höhe der Klarheit, der ätherischen Durchsichtigkeit, der Ungetrübtheit – (…)“ (ebd. S 110).

Es werden in der Beurteilung von Kunst dann Uebersichten“ entstehen, fortlaufende „Jahrbücher“ (ebd.), wobei nicht alles wert ist, aufgezeichnet zu werden.

Für die Kunst kann allerdings eine gewisse Großzügigkeit und Freiheit der Aufzeichnung gewährt werden, denn „ Von der Kunst nemlich ist die Menschheit noch weit mehr entfernt, als von der Wissenschaft; und es wird einer weit grösseren Reihe von Vorbereitungen bedürfen, dass sie zur ersten komme, als zu der letzteren.“ (ebd. S. 111)

© Franz Strasser, 21. 2. 2025

1Diese ganze Auseinandersetzung von apriorischem Denken und aposteriorischem Auftreten eines geschichtlichen Faktums wiederholt sich dann in den AsL zur Person JESU CHRIST. Siehe dort sehr markante Sätze. AsL – ebenfalls 1806 erschienen. Ein Beispiel: 6. Vorlesung – „(….) 2) Ob es nun schon wahr ist, dass jetzt ein jeder in den Schriften seiner Apostel diese Lehre wiederfinden, und für sich selbst und durch eigene Ueberzeugung sie für wahr anerkennen kann; ob es gleich, wie wir ferner behaupten, wahr ist, dass der Philosoph — so viel er weiss, — ganz unabhängig vom Christenthume dieselben Wahrheiten findet, und sie in einer Consequenz und in einer allseitigen Klarheit überblickt, in der sie vom Christenthume aus an uns wenigstens nicht überliefert sind; so bleibt es doch ewig wahr, dass wir mit unserer ganzen Zeit und mit allen unseren philosophischen Untersuchungen auf den Boden des Christenthums niedergestellt sind, und von ihm ausgegangen:“ (SW Bd. V, ebd. S. 484)

2Zur ganzen Rhetorik in den GdgZ siehe Richard Schottky, Fichtes Rhetorik. In: Transzendentalphilosophie als System. Die Auseinandersetzung zwischen 1794 und 1806, hrsg. v. A. Mues, Hamburg 1987, S. 415-434.

Autor: Franz Strasser

Dr. Franz Strasser