1. Stunde – Logik und Philosophie, vom Blick
Es geht um das Verhältnis Logik und Philosophie und inwiefern die Logik als philosophische Wissenschaft anzusehen ist.
Die Philosophie sieht an das Wissen und hat das ganze Wissen zum Gegenstand. Nur ein Teil davon wird angesehen durch das Organ der Logik.
Wissen ist unter anderem eine Verbinden eines Mannigfaltigen zur Einheit.
Der Blick ist die organische Einheit eines Mannigfaltigen, inklusiv eines darin vorkommenden Verbindens und Trennens. (vgl., ebd., S 5)
Die Logik enthält das Vorstellen in Begriffen, Urteilen und Schlüssen.
Das Verbinden, wie es für die Logik Gegenstand ist, ist eins mit einem bestimmten Bewusstsein. Die unmittelbare Apperzeption ist das Verbindende. (vgl., ebd. S 6)
„Der Blik, das unmittelbare Sehen, u. Ersehen in seinem Werden ist das Verbinden.“ (S 6 Z 31)
Das Ersehen hat keine diskreten Teile, sondern tritt konkresziert heraus als solches. „Das Sehen, als das frei verbindende. -. Im ersehen: ist das Sehen, es sieht sich nicht: das verbinden thut‘s eben im sehen, sieht es nicht: weil es dann sich sehen müßte. In der Reflexion oder Nachconstruction, sieht es sich – eben als gethan habend: u. Durch sich hindurch, das was es getan hat.“ (S 7 Z 7))
2. Stunde – Begreifen des Begriffes
(wahrscheinlich Nachtrag zur 1. Stunde 21. 4. 1812)
Im Unterschied zu den „Thatsachen des Bewußtseyns“ (gelesen 1810/1811; vgl. fhS Bd, 2, 283-391) geht es in der „Transzendentalen Logik“ (abk=TL) nicht um Reproduktion eines Bildes, sondern um das eigentliche Vorstellen als solches, „ob ein solches absolut unmittelbares ursprüngliches Vorstellen, (…) als abgesondertes Faktum vorkomme, oder nur durch abgesondertes Denken des W.L. gezeigt werde.“ (S 8 Z 13)
Es ist dieser Scharfsinn bemerkenswert: Im Zitat liegt bereits die Disjunktion zwischen Sehen und Denken des Sehens enthalten: … „ob es unmittellbares ursprüngliches Vorstellen gibt“, wie Fichte zu reflektieren wünscht, das reine Ersehen als solches, das Synthetisieren, „als abgesondertes Faktum“? So formuliert, provoziert es bereits eine Unbeantwortbarkeit. Es tritt der Widerspruch zwischen Sagen und Tun ein (dazwischen). Die WL reflektiert nur im Denken und als Denken. Das Vermögen des Sehens muss die WL bereits voraussetzen, um denken zu können. Dahinter kann sie und soll sie nicht zurück.
„Die eigentliche, hier nur zur Erläuterung angeführte Schwierigkeit ist die: ob ein solches absolut unmittelbares ursprüngl[iches]. Vorstellen, ein Verschwinden u. aufgehen des Sehens ins Objekt[,] als abgesondertes Faktum vorkomme, oder nur durch abgesondertes Denken des W. L.“ gezeigt werde. Diese Frage ist gar nicht zu beantworten. Im klaren Bewußtseyn nicht: aber wer fragt, der macht klar, der reflektirt. Das Fragen vernichtet die Beantwortbarkeit. [Sobald du fragst reflectirst du schon. Besinnst du dich, ist es vorüber.] Es kommt auch gar nicht darauf an. Die W. L. eben als Klarheit hebt an mit dem Vermögen: das Sehen, wie es ist; wird von ihr dargestellt, als sich reflektirend, u. reproducirend, u. in einer andern Gestalt ist es für die WL. gar nicht zu gebrauchen.Â
Beziehung durch das Setzen der Einheit einer Mannigfaltigkeit. Dies der Begriff. |Â (S 8 Z 13ff )
[In der Reproduktion, also, tritt heraus:Â
erstlich: das Sehen; das sich sieht; denn das Verbinden, wird gesehen, und zweytens: das Ich. – Ich, verbinde – solche Farbe, solche Gestalt; solche Materie.]“ (S 8 Z 29f)
Ist das Wissen jetzt Akzidens des Ichs als Substanz?
Für die Philosophie ist das Sehen eine geistige Kraft, die durch sich selbst sich gestaltet zu einem solchen synthetischen Blicke des Ich; die Logik sieht das Verbindende, sie ist aber bloß Prinzipiat des Ichs. Die Philosophie ist Begreifen des Begriffes selbst. (vgl. S 11) „Die ganze Form des Wissens wird von ihr begriffen; nur der absolute Inhalt nicht, weil er ist unmittelbares Bild des absoluten.“ (ebd. S 11) – „Nähere Erklärung der Philosophie: [sie ist] Begründung des Phänomene [des] logischen Ich.“ (ebd. Z 3)
Die WL ist im gewissen Sinne auch Nachkonstruktion, Bild, aber nicht aus dritter Hand, sondern „aus zweiter Hand: nicht theilweise, u. gestükelt, sondern im ganzen, u. aus einem Stüke.“ (S 13 Z 22). WL ist Erkennen der Form des Wissens.
3. Stunde – vom Wissen
Die WL will eine „erschöpfende Uebersicht des gesammten objektiven Wissens: (…) (ebd. S 17 Z 13)
4. Stunde – vom Sehen und vom Bild
Wieder zum Begriff der Logik: Es ist ein Denken in Begriffen, Urteilen und Schlüssen. Was heißt Denken nach der WL? „Das Wissen soll sich begreifen als das, was es ist, Erscheinung des absoluten. [Dies ist der Grundsatz der W. L.[ein] analysirender.)
So soll es [sich begreifen], schlechthin zufolge seines Seyns. Die Bedingungen müssen drum gegeben seyn, u. in seinem Wesen liegen.“ (ebd. S 19 Z 16f)
In der Form des Sehens und Wissen liegt eine Form des Sich-Sehens und Sich-Wissens, also eine Ichform – und zwar in der Weise des Begründet- und Gerechtfertigtseins, als Postulat im Sich-Setzen des Seins begründet und gerechtfertigt, d. h. also eine absolute Geltungsform: Es soll sich als Ich sehen und als Ich wissen können, und deshalb kann es sich so sehen, weil es postulatorisch so gefordert ist.
Das Sehen sieht sich nicht bloß faktisch oder empirisch – das ist bereits reale Folge – sondern genetisch begründet unter der Bedingung des Sein-Sollens des Begreifens. Der Begriff trägt diesen Charakter eines überfaktischen und überempirischen Soll-Seins des Sehens an sich.
„Es soll sich begreifen als das u. das. Reflektiren Sie auf diese Form! Sich begreifen: sich drum vor allen Dingen sehen, objektive anschauen. -. Diese[s] angeschaute nun begreifen, oder verstehen, als das, u. das; ihm drum einen bestimmtern Charakter beilegen. Das, was ich sehe, ist das, u. das, trägt diesen Charakter. Das Sehen ist um des Begreifens willen; beide sind drum schlechthin vereinigt, u. in Einem Schlage:“ (ebd. S 19, Z 22f)
Das Sehen sieht sich nicht als Ganzes in seiner objektiven Erscheinung, sondern „in ihm ist nur“ (ebd. S 20 Z 3) das, was notwendig „um des sich begreifens willen, das da seyn soll schlechthin als einzig mögliche Bedingung des sich begreifens: (…)“ (ebd. S 20 Z 4f)
Das Begreifen ist eine weitere Bestimmung und Charakteristik des Sehens. (ebd. Z 7) Wird die Frage nach einem Begreifen des Sehens gestellt, unterliegt alles dem Gesetze des Begriffes und des Denkens. „Die Frage vernichtet die Beantwortbarkeit“ hieß es oben in der 2. Vorlesung, S 8 Z 19, aber offensichtlich soll es so sein, deshalb ist dieses Fragen nach der Begründung und dem inneren Gesetz erlaubt.
„Sich sehen [ist] nicht ohne sich begreifen u. umgekehrt: beides aber ist überhaupt, und ist in dieser | absoluten Vereinigung zufolge des Wesens Gesetzes des Wissens. Das Wissen selbst durch sich selbst macht sich eben also nach seinem innern Gesetze.“ (ebd. S 20 Z 8f )
„Das erste, das blosse hinsehen =Anschauung. Das damit vereinigte hinsehen des bestimmten Charakters des Angeschauten=verstehen, oder begreifen; den Charakter selbst [- das als – nennt man] den Begriff: das erzeugen des Charakters: Denken.“ (ebd. S 20 Z 12 )
Keine Anschauung ohne Denken und umgekehrt – in absoluter Unabtrennlichkeit sind beide vereint.
Es ist drum keine Anschauung ohne Denken keine Anschauung[,] ohne ihren Begriff, ihren Exponenten bei sich zu führen. -.Â
Beides aber, in seiner absoluten Unabtrennlichkeit[,] sind die integrirenden Bestandtheile des Einen Wissens [: das Denken; weil es sich begreiffen muß; das Anschauen, weil es sich nicht begreiffen kann, ohne sich anzuschauen]. Das Wissen macht sich selbst also, zufolge seines wesentlichen Gesetzes. Sie sehen drum das ursprüngl[iche]. Denken, entstehen: das nicht erst hinterher zur Anschauung hinzugedacht wird durch irgend ein Ich, sondern das eben schlechthin ist. u. die logischen Träume versinken.“ (ebd. S 20 Z 13 ff)
Vom aktivischen Bilden geht es im Licht der Erkenntnis über zu einer „Erkenntnis des Bildes als solchen“, vom Werden des aktivischen Bilden zum Wesensbild dieses Werdens im Denken, zu einem absolut ersten apriorischen Begriff.
„Beispiel: das Wissen soll sich verstehen, als Bild des absoluten. – . Es müsste drum, scheint es, vor allen Dingen sich verstehen, als Bild, von diesem GrundPunke seiner Selbstverständigung ausgehen. Es ist ursprünglich in seinem einfachen u. absoluten Seyn, Bild, durch u. durch Bild, des absoluten, der Voraussetzung nach. Damit ist sein Seyn ge- schlossen. Zufolge des Gesetzes wird es erst mehr: wird es ein Leben. [Es] Müste sich sehen, u. dieses gesehene verstehen eben als Bild: schlechthin. a priorisch müste ihm beiwohnen feine Erkenntniß des Bildes, als solchen: was ein Bild sey, die hier sich äussert. -. Schlechthin a priorisch: diese Erkenntniß läßt sich nicht lernen, nicht allmählich erzeugen: – sezt[,] es schaue sich an, ohne Begriff, so schaut es eben an Bild, da es nichts ist denn Bild (für uns, die drüber schwebenden, [ist dieser Gedanke noch vorläufig] <abzusondern>.)[;] wie soll es denn nun jemals heraus kommen, über das Bild, zum Bilde eines NichtBildes, wenn nicht irgendeinmal ein Bild sich selbst als solches verräth, u. anzeigt.[?] Aber als irgend ein [Bild]: es könnte sich doch nur> verrathen[,] nicht wiefern es das u. das Bild wäre (woher soll denn auch ein solches das kommen, ohne den Begriff.[?])[;] warum [anerkennen wir] nicht lieber gleich, das Bild schlechtweg macht sich kenntlich, und charakterisirt sich, begreift sich als Bild.[?] –
„Bildwesen: ursprünglich u. erster Begriff. Ein Bild eben vom Bilde überhaupt, u. seiner reinen Form, ohne alle Bestimmung. Dies ist das erste Denken, durch welches das erste, das Bild, verstanden wird, als solches.“ (ebd. S 21 Z 3ff)
5. Stunde – von Anschauung und Begriff
Es geht um die absolute Vereinigung von Anschauung und Begriff. „Ein Begriff [wird] erst innerhalb des schon zu Stande gebrachten Sehens erzeugt: von etwas, das für ein BildSeyn gehalten worden, als ein Bild gefunden wird, [ein Characterisiren bleibt es immer, aber der Begriff der Empirie ist ein Factum u. nun [wird] sein Grundseyn gesucht: das wissenschaftliche intelligiren.“ (ebd. S 22 Z 15)
Das Sein im Bildsein wird a) als seiend begriffen, und b) als begründet begriffen auf die und die Weise. „Der zweite Begirff [ist] von höherem Range.“ (ebd. S 23 Z 2).
Der Logiker geht gleich von den Begriffen in plurali aus – ohne zu bedenken, dass sie innerhalb des Wissens gebildet und gemacht worden sind durch ein freies Denken. Sie wurden gemacht auf der Grundlage einer vorausgehenden Vorstellung, in welcher schon Mannigfaltigkeit lag. (vgl. S 23)
Innerhalb der Mannigfaltigkeit geschieht dann a) Absonderung und b) Abstraktion, umfassend ein Mannigfaltiges von gegebenen Vorstellungen.
Es herrscht hier in der Logik eine Konfusion, weil sie nicht weiß, woher die Abstraktion kommt. Soll der abstrahierte Begriff von einem Nichtbegriff kommen?
Es wird in der Logik Mannigfaltigkeit vorausgesetzt, aber von dieser Voraussetzung wird abstrahiert. Woher kommt die Mannigfaltigkeit? Bezieht die Logik sich auf die mannigfaltigen Vorstellungen, woher aber der terminus a quo des Mannigfaltigen?
Es werden abstrakte Begriffe gebildet und je nach philosophischen System verschieden gedeutet. Die Abstraktionen werden selbst zu Dingen hypostasiert.
Es folgen Nebenbemerkungen zu Jacobi und Kant – und eine schöne Stelle zu Platon: „ Plato (sagt), [die] Urbilder der Dinge [lägen];} als Ideen, in dem göttlichen Verstande? Wie, wenn, abgerechnet, was abgerechnet werden muß, das wahre dieser Ansicht sich in einfache wissenschaftl[iche]. Prosa einkleiden  u. in ihr bewahrheiten ließe[?]. Dann wäre freilich aller dieser Streite, u. Verwirrungen ein Ende.“ (ebd. S 26.27 Z 18f )
6. Stunde – von Einheit und Mannigfaltigkeit
Bei den Logikern herrscht Willkür der Abstraktion, „zuletzt etwas Sprache“ [?] (ebd. S 27 – Z 13). Es wird unbewusst nach einem Vernunftgesetz verfahren, aber man weiß nicht darum.
Die Logik muss aufgelöst werden in Philosophie.
Die Lehre der Philosophie zur Logik setzt voraus
a) ein Mannigfaltiges, d. h. vorausgesetzte Stoffe der Absonderung bzw. der Abstraktion Â
b) und das Bewusstsein, worin Anschauung und Begriffe unabtrennlich beisammen sind – im Begriff.
Die Zusammenfassungen bestehen aus einem vorausgegebenen Mannigfaltigen, „über deren Natur sich der Logiker nicht gerne auslässt.“ (ebd. S 28 Z 17 )
Das Mannigfaltige wird bereits vorausgesetzt, es ist bereits ein „besonderer Begriff“ (ebd.) „Sehen eines überhaupt Gesehenen, als eines bestimmten, mit einem Charakter:“ (ebd. S 29 Z 2)
Im Bewusstsein sind Anschauung und Begriff vereinigt. Es soll das unbestimmte Etwas (=ein Mannigfaltiges) als eins gedacht werden: „Zusammen von Elementen der Anschaubarkeit, die hernach wohl wieder unterschieden werden können. (….) der Begriff, der Exponent, was es sey, [ist] durchaus die Einheit einer solchen Mannigfaltigkeit.“ (ebd. S 29 Z 26f). Das angeschaute Etwas ist das, was der Begriff aussagt.
7. Stunde – Begriff und Subsumtion
Der Grundcharakter des Begriffes ist das Bild, das Bild als dem Sein entgegengesetztes Wesen. Es ist „schlechthin durch sich selbst.“ (ebd. S 30 Z 19 ) Der Begriff ist somit apriorisch, und wenn wir später etwas unterscheiden, so muss die Bekanntschaft des zu Unterscheidenden schon bekannt gewesen sein. Alles wirkliche Unterscheiden ist „nur Subsumtion unter den als bekannt schon vorausgesetzten Begriff. -. Hier liegt der Eingang u. das Zwangsmittel der WL. – wem hier nicht das Licht aufgeht, dem geht es nie auf.(…)“ (ebd. S 31Z 5f)
Nach der bisherigen Theorie des Begriffs ist keine Anschauung ohne Begriff und umgekehrt – und das Wissen ist ein Begreifen seiner selbst, es ist gar nicht für sich als Anschauung, außer dass es sich begreift und zufolge des Gesetzes begreift. (vgl. ebd. S 31)
Es gibt keine abgesonderte Region, keine bestimmte Anschauung ohne ihren bestimmten Begriff und umgekehrt.
A fortiori gilt das jetzt für das empirische Bewusstsein: Dort gibt es ebenfalls keine Anschauung ohne Begriff; „ (…) die Anschauung ist ein Mannigfaltiges, der Begriff drum eine Einheit bestimmter Mannigfaltigkeit.“ (ebd. S 32 Z 12)
Das hier besonders thematisierte, in der Auseinandersetzung mit der Logik bezeichnete empirische Bewusstsein, ist von einem apriorischen Charakter.
Die apriorischen Begriffe sind die vorgängige Möglichkeitsbedingung des empirisch Wirklichen.
„Aller Begriff – [erhellt den ] Charakter des so [u] soseyn des Daseyns. So auch der empirische. Dieser insbesondere [ist] der allgemeine Charakter der empirischen Wirklichkeit: sie bedingend: als Gegenstand des Bewußtseyns schaffen, – . So auch die Begriffe, die empirischen, als ein System betrachtet.“ (ebd. S 33 Z 2f)
Jede begriffliche Charakterisierung eines empirischen Gegenstandes zeigt eine Zusammensetzung und eine Verschiedenheit der Zusammensetzungen.
Alles Angeschaute wird begriffen durch Unterscheidung und durch erneute Zusammensetzung, „nichts als ein empirisches zu begreifen; es begreife es denn als bestimmtes Mannigfaltige nach einem Gesetze.“ (ebd. S 34 Z 3)
In der Anmerkung der fhS, in der Abschrift Cauer (= C) : „Im Begriffe liegen nur die Bilder – der ganze Begriff spricht nichts aus als das Gesetz nach welchem ein solches Mannigfaltige der Anschauung beisammen ist.“ (ebd. S 34)
8. Stunde – von Begriff und Bild
Das Was-Sein (Wesen) eines Gegenstandes, einer Pflanze, eines Tieres, ist eine bestimmte Zusammensetzung von Elementen, eine Zusammensetzung von Elementen gegenüber allen anderen.
Was etwas ist, ist es nur im Gegensatz zu allen anderen, was es nicht ist. Alles andere (anderen Elemente) werden dabei ebenfalls als Zusammenfassung gesehen, als „geschloßenes, u. vollendetes System.“ (ebd. S 35 Z 24)
„Das empirische Bewußtseyn wäre sonach ein durch sein eignes Gesez bestimmtes System von ursprünglichen Begriffsweisen zur Einheit eines in demselben Bewußtseyn liegenden System von Elementen.“ (ebd. S 35 Z 25f))
Alle Begriffe des in der Empirie vorkommenden Wirklichen sind deshalb „schlechthin apriorisch, d. i. Im Wissen, durch das Wissen, u. dessen innere Gesetze sich selbst machen, ohne Zuthun irgend eines fremden Princips außer dem Wissen.“ (ebd. S 37 Z 6f) )
Begriffe drücken nicht irgend ein wirkliches und gegebenes Dasein aus, sondern nur das „Ur-Bild eines solchen Daseyns, dem im Begreifen das Daseyn subsumirt, dadurch verstanden und begriffen wird.“ (ebd. Z 13f)
Anders ausgedrückt: Im Begreifen des Bildens und Sehens wird ein notwendiges Bilden und Sehen unterstellt, weil das Begreifen sich nicht anders als ein notwendiges Gesetz verstehen und sehen kann in und aus einem Soll-Sein von Begreifen, d. h. gemäß dem Postulat, dass das Sein im Setzen gesetzt sein soll, d. h. das Sehen sieht notwendig und ist wirkliches, daseiendes Sehen, weil es so postuliert ist. Und wenn es so postuliert ist, muss es sich als Sehen und als Denken so begreifen können, bereits als Begriff. Das daseiende Sehen als Begriff sehen, das verlangt aber ein Zeichen, ein anderes Zeichen, ein Symbol, dass es als daseiend und existent charakterisiert. Das daseiende Sehen wird deshalb durch das notwendige Vernunftgesetz zusätzlich mit Hilfe von Begriffen als stellvertretend für ein selbst nicht ersehbares, unsichtbares, ursprüngliches Dasein gedeutet und beschrieben, d. h. dass es Genesis sein soll eines höheren Grundes, Genesis eines Grundes und noch Genesis in der Folge, nämlich als Ganzes soll es Bild Gottes sein, begrifflich gedeutet und beschrieben als Grund und Folge und als Selbstbestimmung der Erscheinung der Sich-Erscheinung des Absoluten. Das Begreifen und das Denken setzt deshalb einen Stellvertreter des ursprünglichen Sehens voraus, ein Ur-Bild des Begreifens des Bildes vom Bild des Seins. Es ist im Begreifen praktisch Nachvollzug und Teilvollzug des Ganzen der Sich-Genesis von Grund und Folge der Erscheinung, und praktisch im Vollzug nur Teilvollzug des Ganzen der Sich-Erscheinung und Sich-Äußerung des Absoluten.
Alle Begriffe sind Bilder im Wissen, „(…), absolute Bilder; Grundbestimmungen des Einen Urbildes des inneren Wissens, die sich als solche eben dadurch ankündigen, dass sie gar nicht sprechen vom Daseyn, sondern vom nothwendigen Wesen des Daseyns, und diesem, wie hier in der Empirie, überhaupt das Gesez vorschreiben, unter welchem allein es dazuseyn vermöge, (….)“ ebd. S 38Z 15f)
9. Stunde – über Logik
„Der Begriff [ist] eine durchaus von allem Daseyn unabhängige Ansicht des Daseyns, wie es seyn kann, u, wenn es seyn soll, [wie] seyn muss, seines Wesens, u. [des] nothwendigen Charakters, den es tragen muß.“ (ebd. S 38 Z 23f)
Jeder Begriff ist apriorisch, auch der empirische.
Das wirkliche Bewusstsein ist die absolute organische Einheit des Begriffs mit der Anschauung. „(…) nur inwiefern ein angeschautes überhaupt subsumirt wird, ist wirkliches Bewußtseyn: in dieser Subsumtion u. Anerkennung besteht es eben, u. das subsumirte ist das wirkliche. (Schlechthin nichts andres, denn dies.)“ (ebd. S 39 Z 22f)
Es folgt ein kurzer Verweis auf Kants „Transzendentale Logik“, wo dieser von einem „Noumenon“ sprechen wollte, das aber seine Schüler nicht fassen konnten.
Die Logiker wollen die Apriorizität der Begriffe nicht sehen. (vgl. ebd. S 40)
Das Faktische, das der Logiker ausspricht, ist nämlich immer schon ein Urteil im Bewusstsein, ohne Wissen, wie man genetisch zu diesem Faktischen von Anschauung und Begriff gekommen ist.
Fichte stellt einige Fragen an den Logiker: Wie verfahre ich beim Abstrahieren? Oder wie verstehe ich eine Frage nach einem Begriff?
Der Transzendentalphilosoph abstrahiert ebenfalls ähnlich, aber er weiß um dieses Verfahren und um die Apriorizität der Begriffe. Es gibt keine Erscheinung ohne Begriff.
Alles ist gefasst unter dem Grundbegriff des Seins, und hier, in weiterer Bestimmung als: „empirische Wirklichkeit. Als letzre [ist es] mannigfaltig: Materie überhaupt, Einheit derselben: (…). Bewußtseyn der Körper ist schlechthin alles empirisches Bewußtseyn ohne Ausnahme. Körperlichkeit aber ist ein Begriff, u. Charakter der Anschauung: (…) “ (ebd. S 42 Z 16f)
Die Abstrahiermöglichkeit wird vom Logiker auf die Bedingungen der Wissbarkeit nicht mehr reflektiert.
10. Stunde – vom Bewusstsein
Ein Begriff der Körperlichkeit genügt aber oft nicht. „ An ihnen drum (sc. den empirischen Begriffen) (…) auf Veranlassung ihrer Wahrnehmung müste der Begriff selbst sich ausdehnen, u. erweitern, und mit seiner ersten, u. einfachsten Gestalt der Körperlichkeit nicht mehr zufrieden seyn, (…)“ (ebd. S 43 Z 14f )
Der Begriff selber treibt zu näherer Bestimmung und zu näherem Verstehen, nach Verwandschaft zu Zwecke der Reproduktion der Bewegung. „wegen der Erweiterung des Reichs des Verstehens.“ (ebd. S 43 Z 23)
Das Begreifen dehnt sich aus, nicht als ursprüngliches, „denn dieses ist, dadurch daß Wissen ist, ewig gegeben, sondern als wirkliches Bewußtseyn: denn als solches wirkliches Bewußtseyn der ursprünglichen Begriffe ist es bedingt durch angemessene Anschauungen.“ (ebd. S 44 Z 1f)
Dieses wirkliche Bewusstsein entwickelt sich quasi von selbst, „blitzschnell“, es entsteht das Phänomen der „Evidenz“ (ebd. S 44 Z 10)
Die allererste Subsumtion in einem individuellen Bewusstsein unter einem Begriff macht sich selbst. „hierin erzieht, entwikelt, steigert sich nun das absolute objektive Bewußtseyn selbst.“ (ebd. S 44 Z 18).
Das Bewusstsein ist absolut eine organisch-geschlossene Einheit – und deshalb gibt es ursprüngliche Begriffe wie Pflanze, Tier, Mensch, und die Begriff sind nicht konventionell gebildet, also erst durch Absprache und Gesellschaft entstanden; wir haben sie nicht durch Mitteilung gelernt. Der wahre Begriff einer Sache, der bildet sich selbst. Die Evidenz ergreift und bildet das Ich.
Das absolute objektive Bewusstsein steigert sich selbst. Wir werden uns dessen aber nicht empirisch oder evolutionär bewusst, sondern a) apriorisch ist das Bewusstsein bereits eine organische geschlossene Einheit. Es könnte gar nicht ad infinitum begründet werden, das wäre eine contradictio in adjecto.Â
Ferner gibt es neben diesem apriorischen, aus dem organischen Bewusstsein kommende und erfolgende Begriffe: b) gesellschaftlich-konventionelle Begriffe, die wir durch Lernen zufällig erlernen.
Der wahre Begriff kann aber nicht mitgeteilt werden, sondern nur in eigener, innerer Anschauung muss er erzeugt und gesehen werden. Durch unmittelbare Subsumption eine Anschauung unter einem Begriffe, „als dem erklärenden Exemplare“ (S 45 Z 7) tritt dann die Evidenz ein.
Die sogenannte konventionelle „Bildung“ verhindert sogar oft das eigene Nachvollziehen eines Begriffes. Deshalb die Philosophie. Sie will, dass man selbst werde der wirkliche Begriff, ihn lebe und sein Leben daran setze. Erziehung beginnt nicht bei einem Worte, sondern bei wirklichen Bewusstsein der Anschauung. „Dies ist der Geist. Dies im Vorbeigehen.“ (ebd. S 45 Z 31)
Der Begriff wird zuerst gebildet und „im Bewußtseyn niedergelegt“ (ebd. S 46 Z 5), dann folgt der Fall der Anwendung, das ist eine wiederholende Subsumption.
Hier erst beginnt die Abstraktion der Logiker, deren genetische Erzeugung sie aber nicht kennen: „Ich gehe das Mannigfaltige ordnend nach Klassen, nach den Regeln des Begriffes, den ich von der ersten Subsumtion habe, fallenlassend u. behaltend: alles nach der Regel dieses mir beiwohnenden Begriffs.“ (ebd. S 46 Z 12 ) Durch die Abstraktion des Logikers wird der Begriff nicht erzeugt, sondern wird nur als ein sich in dieser Anschauung wiederholender anerkannt.
11. Stunde – vom Wissen, vom Begreifen, vom Sein
Hier bahnt sich jetzt ein Abschluss der ersten Vorlesungen an und ein Überstieg zur höheren Reflexion des Begreifens des Wissen selbst wird gelegt. Es folgt eine Art Zusammenfassung: Fichte beginnt mit „Uebersicht“ (ebd. S 46 Z 19)
Es gibt empirische Begriffe, die a) den Begriff der Empirie überhaupt, ihrem Dasein nach mitbringen. Diese sind rein apriorisch, angeborene, unerzeugte. Das Grundschema dafür ist die Körperlichkeit. Die Materialität ist ein Unterbegriff des Seins, ein Repräsentant des wahren Seins in der Empirie.
Es gibt ferner b) höhere Begriffe, die zum Vorschein kommen in der Zeit und „(….) sich entwickeln nach dem Gesetz des wirklichen Bewusstseins, in dem sie dieses selbst entwickeln – schlechtweg, dadurch daß sie sich entwikeln, nicht durch irgendeine Freiheit, sondern erst bestimmende, und überhaupt erschaffend durch ihre Entwiklung diese Freiheit. Genetisch, in Beziehung auf das wirkliche Bewußtseyn: aber nicht willkürlich, u. gesezlos, sondern nach einem Gesetze. [Von dieser Art waren denn die Begriffe Mensch, Pflanze, Thier.“ (ebd. S 47 Z 12)
Diese höheren Begriffe schreiben dem wirklichen Dasein ihr Gesetz vor, sie sind dem Wissen nach auch apriorisch, aber in dem Sinne, als das Bewusstsein durch sie wächst. Sie sind nicht rein apriorisch, sondern genetisch.
Fichte unterscheidet hier das Wissen, als a) „das absolute, wie es ist schlechtweg durch das Erscheinen Gottes, u. durch sein inneres Grundgesez sich zu begreifen als das was es ist.“ (ebd. S 48) und b) das Wissen als „wirkliches Bewußtseyn: dieses fließt in der Zeit u. wird; in diesem werden, als wirkliches Bewußtseyn, die höheren empirischen Begriffe: aber als ein seyendes, also nach dem Gesetze. In dieser Beziehung sind diese Begriffe a priorisch als Gesetze.“ (ebd. S 48 Z 5ff)
FICHTE geht nochmals auf den Unterschied des Logikers zum Philosophen ein. Ersterer nimmt die abstrahierten Begriffe als empirische Fakten, sein ganzes Wesen ist Empirie; für den reflektierenden Philosophen sind die Begriffes des wirklichen Bewusstseins genetisch ableitbar aus der Subsumption der Anschauung unter einen apriorischen Begriff, wobei das bereits reflexiv und in zeitlicher Zerdehnung formuliert ist: Die ursprüngliche Erscheinung des Begriffs im wirklichen Bewusstsein geschieht „bei der allerersten Subsumtion, die ein Individuum macht (das erste Thier, das ich sehe) u. der nachmaligen Wiederholung.“ (ebd. S 48 Z 27). Sie geschieht also von selbst, ohne Freiheit und Willkür. (siehe oben S 47)
Es folgt eine nochmalige Zusammenfassung, S 49 – 51:
1) Das Wissen schlechtweg ist Erscheinung oder Bild des Seins Gottes, einfaches Wesen, ohne innere Bestimmung.
2) Das Bewusstsein ist Begreifen dieses einfachen Wesens des Wissens. Im philosophischen Reflektieren ergibt sich so ein doppeltes Sein des Bewusstseins, ein auf sich bezogenes Sein jenes einfachen Seins, „ein darüber schweben über sich selbst, sich haben im blossen Bilde: Emanenz: doch sich haben: Immanenz.“ (ebd. S 49 Z 22)
3) Das Bewusstsein ist ein Sich-Begreifen, „(…) nicht ein sich sehen, u vorbilden überhaupt, (…) sondern ein sich sehen, als ein bestimmtes das u. das; u. zwar nicht anders sich überhaupt sehen, als in irgend einer Bestimmtheit. Das anschauen ein begreifendes, das Begreifen im Anschauen. Das Bewutseyn [besteht] durchaus nur aus diesen Bestandtheilen, weil es ja nur durch das Gesez des Begreifens Bewußtseyn ist, (…)“ (ebd. S 49 Z 23f)
4) Der letzte Begriff (in der Reflexion der Transzendentalphilosophie, der Einheit von Anschauung und Begriff) kommt aber nur zustande durch eine „freie u. besonnene Erhebung des Bewußtseyns über sich selbst.“ (ebd. S 50 Z 11)
Der letzte Begriff ist. „das Wissen soll sich begreifen als Bild des Seyns: ich setze wohl hinzu[:] des absoluten.“ (ebd. S 50 Z 13)
Es liegt ein Gegensatz im Begriff des Seins, der Begriff des Seins des Absoluten. Er wird durch den Gegensatz im Begriffe des Seins gefasst – und darf doch nicht dadurch relativiert werden.
 „Das Bewußtsein sieht u. begreift ein Seyn, das sich hernach nicht als [das] rechte wahre absolute findet: eben durch die Erhebung des Bewußtseyns über sich selbst, (…)“ (ebd. S 50 Z 17)
Die Begrifflichkeit und Begreiflichkeit des Seins im Wissen offenbart eine Disjunktion zum Sein des Absoluten und offenbart einen neuen Begriff des „rechten“ und „wahren“ Seins. „Das Nichtrechte Seyn [ist] lediglich die Begreiflichkeit des rechten u. wahren, und weiter nichts.“ (ebd. S 50Z 24)
Anmerkung meinerseits abschließend:
Durch den zuletzt gebrachten Vorausblick der folgenden Beweisführung des Wissens als Sich-Wissen der Erscheinung des Absoluten wird zweierlei erreicht: a) die Spannung auf die genetische Begründung des Sich-Wissens und Sich-Bildens wird erhöht und b) explizit die bisher faktische Beweisführung des ursprünglichen Begreifens eines empirischen Seins aus einer höheren Ableitung in Aussicht gestellt. Das transzendentale, aber noch nicht vollständig aufgedeckte Wissen, ist im faktischen Begreifen richtig gewesen, sonst wäre es zu gar keinem Erkennen gekommen – und verheißt jetzt eine absolute Begründung.
Die vordergründige Auseinandersetzung mit der Logik führten a) zum faktischen Begreifen und zur faktischen Bildlichkeit und Sichtbarkeit eines Begriffes in der Weise der Subsumtion der Anschauung unter einen Begriff, aber b) genauso ist damit postuliert, dass die apriorischen Bedingungen der Wissbarkeit dieses faktischen, empirischen Begreifens aus einem genetischen Gesetz des Sich-Wissens und Sich-Bildens begründet sein müssen. Sie sind ja nicht frei erfunden und willkürlich eingeführt worden.
Das Ergebnis bisher: Gäbe es nicht von vornherein eine unabtrennliche Einheit zwischen Anschauung und Begriff, könnte weder Empirie noch abstrahierte Logik verstanden werden.
Der letzte Begriff des Begreifens des Wissens kann aber nicht im empirischen Bewusstsein selbst liegen. Umgekehrt zeigt diese Evidenzform der Gewissheit eines faktischen und empirischen Wissens, dass es selbst postuliert-notwendig und sichtbar sein muss für das Sich-Wissen und Sich-Bilden. Vorläufig herrscht noch Wechselseitigkeit von empirischem und apriorischem Bewusstsein. Diese Wechselseitigkeit soll weiter intelligiert, d. h. begründet werden.
Anders gesagt: Es herrscht eine Wechselseitigkeit zwischen dem faktischen, empirischen Bewusstsein und einem es transzendierenden, in seinen transzendentalen Grundlagen noch nicht vollständig aufgedeckten, Bewusstsein. Es wurde bis jetzt als apriorisches Begreifen durch Subsumtion, sozusagen äußerlich beschrieben und beobachtet. Kann dieses transzendierende Bewusstsein noch mehr analysiert und in ein transzendentales Sich-Wissen und Sich-Bilden modifiziert werden, als Teilrealisation des Ganzen der Sich-Erscheinung des Absoluten?
Die Transzendenz des Wissens beginnt in konkreter Erfahrung und Wahrnehmung „(..) zu dem es auch wohl erst durch Zwischenstufen der freien Erhebung des Bewußtseyns über sich selbst kommen mag. Aber grade dieses beweißt, daß das Bewußtseyn ausgehen müsse, von einem solchen nichtrechten Seyn, welches sich nicht durch eine freie Erhebung, sondern dadurch macht, daß das Bewußtseyn ist, mit seinem seyn gegeben wird, [von] Einem solchen Begriffe, Charakteristik der Anschauung. Dies ist nun das empirische Bewußtseyn; (…) “ (ebd. S 50 Z 27)
Vorausblickend von mir gesagt: Die Theorie des Bewusstseins wird als geschlossene Einheit gesehen, beginnend mit dem empirischen Bewusstsein bis zum abgeschlossenen, transzendental-wissenschaftlichen Bewusstsein aller grundlegenden Wissensprinzipien. Die vorausgesetzte Einheit des Wissens offenbart immer und überall, für alle, von allen, zu aller Zeit, die apriorische Begreifbarkeit einer geschlossenen Mannigfaltigkeit des Seins , weil genetisch Theorie und Praxis eine Einheit bilden. Nur per abstractionem objektiviert sich eine Begriff des theoretischen Wissens heraus – und per abstractionem kann eine Logik entstehen -, im Vollzug des Wissens selbst geschieht aber ein lebendiger Zusammenschluss.
Im praktischen Tun ist diese Vollzugseinheit und gleichzeitige Disjunktionseinheit theoretisch noch als neutral zu beschreiben, ehe zur konkrete Anwendung und Exemplifizierung eines Begriffes in der Empirie oder in der Gesellschaft oder in der Ethik oder in der Religion übergegangen wird. Dann bildet sich – durch Freiheit in Rekursion auf diese epistemologische Mitte und den Geltungsgrund der Bildung der Begriffe – von selbst die Evidenz und Geltung eines werthaften und wahrhaften Seins, in einer Evidenzform der Natur, des Logos, der Geschichte und des Sinns, zusammen mit einer zugrundeliegenden, absoluten Einheit im wahrhaften Sich-Bewähren des individuellen Ich in einem gemeinschaftlichen Ich.1Â
Diese 11 Vorlesungsstunden dienten „zur Erweiterung u. Vorbereitung auf die eigentlich, freie und besonnene Erhebung u. Erweiterung des Bewußtseyns in der Wissenschaft.“ (ebd. S 51 Z 11) ) Es geht um eine „wissenschaftliche“, begriffliche Durchdringung der Wirklichkeit im Ganzen, oder anders gesagt, um eine philosophische Prinzipientheorie der Praxis in specie.  Â
© Franz Strasser, 18. 20. 2020
1Zum Gesamten dieser Ausführungen siehe dazu hervorragend:  J. Widmann, Die Grundstruktur des transzendentalen Wissens nach Joh. Gottl. Fichtes Wissenschaftslehre 1804/2, Hamburg 1977.